Engel

Das schwarze Engelchen, das zu früh von seiner Wolke purzelte – geschehen in der Tierarztpraxis Jasmin Grau

Mr. Big hat einmal gehört, dass, wenn im Himmel alle Arbeiten bis zum Jahresende erledigt worden sind, Engelchen vom Himmel auf die Erde abgesandt werden. Sie erscheinen hier auf Erden als Tiere und haben die Himmelsaufgabe, dort auf zu tauchen, wo Mensch oder Tier ihren Rat brauchen oder besser gesagt, ihre himmlische Liebe!
Mr. Big hat auch gehört, dass man mit der Himmelspforte telefonieren kann. „Aber, wie soll das denn bitte gehen“, denkt Mr. Big, „auf Google habe ich keine Telefonnummer gefunden!“ Mr. Big ging los, zu den großen Engelsflügeln, die er gut kennt. Er drückte sich an die Engelsflügel ganz fest ran und dachte, dass er einfach den Weg geht, wie es auch die Besatzung von „Raumschiff Enterprise“ macht. Er weiß nur zu genau, dass sich z. B. Mr. Spock immer wieder in den Himmel beamen lässt. Mr. Big ist felsenfest davon überzeugt, dass er das „in den Himmel beamen“ auch hin bekommt. „Es will aber nicht klappen“, schluchzte Mr. Big und seine Hundeöhrchen berührten fast den Boden vor den großen leuchtenden Engelflügeln, so traurig war er darüber. Wahrscheinlich hatte er einfach heute nicht die richtige Himmelsfrequenz zum in den Himmel beamen getroffen. Na denn!

Mr. Big ist ganz kraft- und ratlos, er musste sich in den letzten Wochen um viele Patienten kümmern, Hunde, Katzen, Hasen, Meerschweinchen – einfach um alle, alle brauchten sie seine so wohltuende Hundeliebe. Sie alle haben ihm ihre ganz eigene Geschichte erzählt und viele der Geschichten haben Mr. Big sehr traurig gestimmt, weil er einfach nicht so helfen konnte, wie er es sich gewünscht hätte. Mr. Big saß da, hielt sich gerade seinen brummenden Hundekopf in seinen vier Pfötchen und schüttelte ihn von rechts nach links und links nach rechts. „Alles ist so aussichtslos“, bellte Mr. Big und hatte ein paar Hundetränchen in seinen Hundeäuglein. Er hatte die letzte traurige tierische Geschichte noch ganz frisch in seinem Hundekopf:
Eine äußerst liebevolle Katzendame, erzählte Mr. Big, dass sie Gott-sei-Dank nie krank gewesen ist. Nun sei sie aber 16 Jahre alt und kann, so erzählte sie es Mr. Big, manches Mal einfach nicht mehr ganz so schnell springen, wie noch mit 5 Jahren. Das Blutbild ergab, dass sie Medikamente und Spezialfutter für die Nieren benötigen würde, also kein so billiges fast-food Katzen-gedöns. Mr. Big sagte der Katzendame, dass das doch gar kein großes Ding wäre, sie sei nicht alleine als Kätzchen in dem Alter, welches ein Problem mit ihren Nieren bekommt. Man könne dieses Problem mit Medikamenten sehr gut behandeln und die Kätzchen können dann 100 Jahre und mehr alt werden. Der Patient benötigt aber auf alle Fälle ein paar Medikamente – andernfalls, ja andernfalls …….. …….. – das interessierte das Frauchen von der Katzendame dann schon nicht mehr. Das Frauchen der Katze sagte dem Frauchen von Mr. Big „brühwarm“ – eigentlich richtig kaltschnäuzig -, dass dieses Budget für Medikamente und Futter nicht eingeplant sei – es würde ja Weihnachten vor der Türe stehen. „Ja kann man denn so etwas glauben?“, sagte Mr. Big. Was ist das denn bitte für ein herzloses Frauchen, ist das vielleicht sogar so was, was die Menschenwelt eine Hexe nennt? Gerade jetzt zur Weihnachtszeit denkt sich Mr. Big aber wirklich öfters, da kann den Menschen die Feuerwurst, der Glühwein und irgendwelche komischen nixigen, aber trendigen Geschenke nicht teuer genug sein, aber uns Tieren zu helfen, wenn wir Hilfe benötigen, das ist zuviel des Guten. „Wir Tiere suchen uns doch nicht extra die Weihnachtszeit aus, um krank zu werden!“, bellte Mr. Big in den Himmel hinein. „Aber wie soll und kann ich da nur helfen?“, fragt sich Mr. Big. „Gar nicht“, gab sich Mr. Big selbst die traurige Antwort auf seine Frage, „mir sind im wahrsten Sinne der Worte alle meine vier Pfötchen gebunden“.

Dann, auf einmal, es machte „Plopp“ und ein Engelchen im weißen Kleidchen und zwei weißen Engelflügelchen hing in der Luft und „Plopp 2“ landete mit Krawall direkt auf dem rosafarbenen Stuhl im Behandlungszimmer der Tierarztpraxis von Mr. Big – allerdings nicht mehr als weißes Engelchen, sondern als pechschwarzes Kätzchen. Mit großen Katzenäuglein schaute das Teufel-Engel-Kätzchen Mr. Big an. „Es ist wahr“, rief Mr. Big ganz aufgebracht, „ich habe es mit meinen eigenen Hundeaugen genau gesehen – es machte Plopp 1 und Plopp 2 und dann war sie da, die schwarze Katz!
Das Engelchen sagte zu Mr. Big, dass es beim Lametta aus dem Himmelskeller holen einfach von seiner Wolke gepurzelt sei – da sei ein Wolkenwatteloch oder so etwas ähnliches gewesen – so ist es passiert!
„Ja, Du bist ja ein lustiges schwarzes Teufelchen, ähh, Engelchen, bellte Mr. Big. „wahrscheinlich waren die Spinnweben, welche ich sehe, da oben im Himmel das Lametta!“, Mr. Big musste schmunzeln, aber die Kleine gefiel ihm.

Das Engel-Kätzchen schaute etwas komisch drein und sagte zu Mr. Big, dass es die Lillibet sei und schon so viel von ihm, Mr. Big, im Himmel gehört habe. Lillibet ging dann auch nahtlos dazu über, Mr. Big Trost auszusprechen:

„Mr. Big“, sagte der Katzenengel Lillibet zu Mr. Big, „sei nicht traurig und führe Deine Arbeit einfach so gut fort wie bisher – mit Herz, Liebe und Verstand gegenüber einem jeden einzelnen Deiner Patienten, welche dir ihre Geschichte erzählen. Wir im Himmel, wir denken uns sehr oft – gerade aber in dieser festlichen Zeit -, dass Weihnachten von vielen Menschen da unten auf der Erde schon lange Zeit nicht mehr als Fest der Liebe angesehen wird sondern als „Konsum-Geschenkehaufen-Zeit“. Alle wollen nur haben, haben und nochmals haben – am besten aber immer mehr als der andere. Das Geld und der Wohlstand haben bisher schon viel zerstört, bei vielen Menschen. Wenn die Menschen nicht aufpassen, dann wird Geld und Wohlstand noch alles zerstören. Wenn Mensch und Tier sich nicht mehr wirklich lieben, schätzen und ehren, dann ist wirklich alles kaputt. Leider können wir Tiere nicht selbst zum Tierarzt gehen und unsere Behandlung dort selbst bezahlen – das würden wir aber tun, wenn man uns nur ein eigenes Konto anlegen würde, mit dem Geld, welches wir uns täglich durch Liebe und liebevolle Gesten verdienen, welche einem jeden Menschen das Herz aufgehen lassen. Da liegen wir Tiere einfach in der Gunst der Menschen und müssen es so hinnehmen, wie sie es für uns entscheiden.
Wir geben die Tierhoffnung aber nicht auf: Vielleicht erklären es ja irgendwann einmal die Menschenkinder den großen Menschen, dass es nicht nur ums Geld und den egoistischen Wohlstand geht. Das, was Tiere den Menschen täglich an Liebe geben, das müssen sie wieder sehen und wertschätzen. Im Prinzip ist das nämlich unbezahlbar und einzigartig wertvoll! Wahrlich ist es auch mehr wert als eine Feuerwurst oder ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt, wenn man eh schon wenig Geld hat oder viele nixige, trendige Geschenke, welche einfach nur Geld kosten und nach Weihnachten schon wieder vergessen sind.
„Aber, was soll ich sagen, lieber Mr. Big, ich und meine Engelkumpels da oben im Himmel, wir machen oft die Erfahrung, wenn wir nach unserer Himmelarbeit auf die Erde gesandt werden, dass die Menschen ihr Glück mit uns gar nicht mehr erkennen, sie schauen auf äußerliche Werte und Konsumgüter und manches Mal einfach nur egoistisch durch uns hindurch – als ob wir nicht da wären. Wir im Himmel sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Menschen „aus Gier den Mäusen nach laufen und die Elefanten vorüberziehen lassen“.
Also, mach Dir keine Sorgen! Du bist ein Herzenshund mit einem himmlischen Hundecharakter und ich habe schon sehr viel über Dich gelesen, gehört und auch gesehen – ich habe mir also schon vor langer Zeit ein Bild von Dir gemacht. In unseren Engel-Himmels-Fortbildungen bist Du auch fester Bestandteil, eigentlich ein Held! Ich kann also unbeschwert sagen, dass viele von uns Engeln wahrlich in Dich und was Du für uns Tiere tust verliebt sind!

Und weißt Du was – ich habe heute eine Überraschung für Dich:
Ab jetzt werde ich Dich auf der Erde bei Deiner Arbeit unterstützen. Ich werde ab jetzt die „Mäuse und Hamster-Fraktion“ in Deiner Tierarztpraxis übernehmen und damit abdecken und Du bist für den ganzen Rest verantwortlich. Wir stemmen Deine Arbeit nun als tierisches Dream-Team.
Denn: „Ich bin gekommen um zu bleiben“ oder besser gesagt, „ich bin gepurzelt und habe ausgepurzelt – weil, purzeln tut man nur dorthin, wo man auch bleibt – dies ist eine ungeschriebene Himmelsregel der Himmelbewohner – es ist eine himmlische Bestimmung!

Foto: Lillibet landet mit Krawall auf dem rosafarbenen Stuhl von Mr. Big, Lillibet hat Lametta geholt,
Mr. Big drückt sich an die großen Engelflügel